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Kommunikation meistern: Das Warum, Wie und Was
Hast du schon einmal eine:n Mitarbeiter:in etwas sagen hören wie: „Ich werde die anstehenden Deadlines nicht einhalten können“? Auch wenn die Worte direkt zu verstehen scheinen, deuten sie oft auf tiefer liegende Bedenken hin. In diesem Artikel untersuche ich diese Aussage aus der Perspektive zweier bekannter Eisbergmodelle und decke auf, was unter der Oberfläche liegt …
Die Eisbergmodelle von Paul Watzlawick (Kommunikation) und William Ury/Roger Fisher und Daniel Shapiro (Positionen vs. Interessen) haben eine gemeinsame Struktur, die die Elemente der menschlichen Interaktion hervorhebt. Die Kombination dieser beiden Modelle ermöglicht ein tieferes Verständnis des Zusammenspiels innerhalb von Kommunikationsstrategien.
Watzlawicks Kommunikations-Eisbergmodell:
- Oberhalb der Oberfläche – Faktenbasierte Kommunikation: Der reine Inhalt der Kommunikation, wie z. B. Wörter, Fakten oder Daten, die der:dem Gesprächspartner:in mitgeteilt werden. Zum Beispiel: „Ich möchte dieses Projekt bis Ende dieser Woche abschließen“.
- Unterhalb der Oberfläche – Beziehungskommunikation: Die unausgesprochene und emotionale Dynamik, die dem eigentlichen Inhalt zugrunde liegt, wie z. B. Tonfall, Vertrauen, nonverbale Signale und Macht. Zum Beispiel: Der Tonfall eines Vorgesetzten deutet auf Frustration oder Dringlichkeit hin, was sich darauf auswirkt, wie die Botschaft aufgenommen wird.
Ury und Shapiros Eisbergmodell – Positionen vs. Interessen:
- Oberhalb der Oberfläche – Positionen: Explizite Botschaften darüber, was jemand möchte. Positionen sind wahrnehmbar, lassen aber noch keine Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden Motivationen zu. Zum Beispiel: „Ich brauche nächstes Jahr eine Erhöhung meiner Mitarbeiter:innenzahl um 10 %“.
- Unter der Oberfläche – Interessen: Die tieferen Bedürfnisse, Wünsche, Ängste und Motivationen, die eine Position antreiben. Interessen beziehen sich oft auf humanistische Bedürfnisse wie Autonomie, Anerkennung oder Sicherheit. Zum Beispiel: Die Forderung nach einer höheren Anzahl von Arbeitskräften im nächsten Jahr spiegelt mein Bedürfnis nach Anerkennung, Sicherheit oder Gerechtigkeit wider.
Beide Modelle betonen, wie wichtig es ist, nicht nur das Sichtbare, sondern auch das, was in der menschlichen Interaktion unter der Oberfläche liegt, zu verstehen. Sie stimmen in folgendem Umfang überein:
Watzlawicks Eisbergmodell der Kommunikation |
Urys/Shapiros Eisbergmodell – Positionen vs. Interessen |
Faktenbasierte Kommunikation (über der Oberfläche): Konzentriert sich auf den reinen Inhalt der Kommunikation, wie Wörter, Fakten oder Daten. |
Positionen (über der Oberfläche): Eine klare Bitte oder Botschaft darüber, was gewünscht wird. |
Beziehungskommunikation (unter der Oberfläche): Konzentriert sich auf implizite Dynamiken wie Tonfall, Emotionen, Vertrauen und die Qualität der Beziehung. |
Interessen (unter der Oberfläche): Die tieferen Bedürfnisse, Anliegen und Motivationen, die unsere Positionen antreiben. |
Schlüsselerkenntnisse: Das Gesagte wird von Beziehungsaspekten (z. B. Vertrauen, Macht) beeinflusst. Das Ignorieren von Beziehungsdynamiken führt häufig zu Missverständnissen. |
Wichtige Erkenntnisse: Hinter bestimmten Positionen verbergen sich oft versteckte Interessen. Nur das Verständnis für die gegenseitigen Interessen kann zu einem konstruktiveren Ergebnis führen. |
Praktische Umsetzung (1):
1. Kommunikation und Kontaktpflege mit Ihren Interessengruppen:
Eine sachliche Kommunikation (basierend auf deiner Position) dient nur als Ausgangspunkt für die Erarbeitung einer Lösung, während die Beziehungskommunikation (Tonfall, Vertrauen) bestimmt, wie deine Position wahrgenommen wird. Das Erkennen tieferer Interessen leitet die Beziehungskommunikation, um eine Beziehung und gegenseitiges Verständnis aufzubauen.
2. Konfliktlösung:
Der Zusammenbruch von Beziehungen (die verborgene Dynamik in Watzlawicks Modell) resultiert aus lang etablierten Positionen (wie im Ury/Shapiro-Modell ersichtlich). Die Auseinandersetzung mit Beziehungsproblemen (z. B. Respekt, Autonomie) führt im Allgemeinen zur Entdeckung gemeinsamer/vereinbarter Interessen.
3. Schlüsselfragen, um „unter die Oberfläche zu tauchen“:
- Was sagt die andere Seite? (Positionen/Fakten)
- Wie wird es gesagt? (Beziehungsdynamik)
- Warum wird es gesagt? (Interessen/grundlegende Motivationen).
Praktische Umsetzung (2): Konflikte am Arbeitsplatz.
Szenario: Ein:e Mitarbeiter:in sagt: „Ich kann die anstehenden Deadlines nicht einhalten“.
- Watzlawicks Perspektive: Die eigentliche Botschaft ist die Nichteinhaltung einer Frist; die Beziehungsbotschaft kann (unsere Annahme) Frustration oder Angst beinhalten, als inkompetente:r Mitarbeiter:in wahrgenommen zu werden.
- Urys/Shapiros Perspektive: Die Position ist, die Einhaltung einer Frist zu verweigern; das Interesse kann darin bestehen, ein Burnout zu vermeiden, überlastet zu sein oder mehr Klarheit über Prioritäten zu schaffen.
Schlussfolgerungen:
Indem eine Führungskraft sowohl auf die Beziehungskommunikation (z. B. Empathie zeigen und die psychologischen Bedürfnisse der Menschen verstehen) als auch auf die zugrunde liegenden Interessen (z. B. Umverteilung von Aufgaben oder eine neue Rolle im Team) eingeht, kann sie Probleme effektiver lösen, als wenn sie sich nur auf Positionen oder sachliche Botschaften konzentriert.
Marcin Świerkocki
Trainer, Coach & MDI Partner
Marcin Swierkocki arbeitet als HR Business Consultant, der sich auf L&D, Change- und Projektmanagement spezialisiert hat. Er bringt über 25 Jahre internationale Erfahrung in Changemanagement und Organisationsentwicklung mit sich. Sein persönliches Motto ist inspiriert von Viktor Frankl: „Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum. in diesem Raum liegt die Kraft, unsere Antwort zu wählen. In unserer Antwort liegt Wachstum…“. Seine persönliche Inspiration holt er sich aus seiner positiven, optimistischen Art und durch die Energie, die er durch den erfolgreichen Support anderer Menschen bekommt.