Nachhaltige Individualisierung in der Führung – frommer Wunsch oder reale Alternative?
Individualisierung statt mehrmoduliger Programme
Der Status Quo zeigt oftmals, dass Unternehmen in der Entwicklung und Weiterbildung ihrer Führungskräfte auf mehrmodulige Programme setzen, die je nach Zielgruppe eine breite allgemeine Basis an Tools und Methoden liefert – ein sog. „Werkzeugkasten“, woraus situationselastisch das adäquate Tool herangezogen werden kann.
In Zeiten immer knapper werdender Ressourcen (Stichwort Zeit und Wissen, Kosteneffizienz und Umwelt) und Lebensrealitäten im Klimawandel rückt jedoch ein Thema in der Aus- und Weiterbildung unserer Zukuftsgestalter:innen von morgen immer mehr in den Vordergrund: Individualisierung.
Individualisierung – eines der 12 Megatrends
Die Individualisierung wurde von Seiten des Zukunftsinstituts 2023 als eines der 12 Megatrends vorgestellt. Bei diesen Megatrends handelt es sich um zentrale Trends unserer Zeit. Sie sind die größten Treiber des Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft und prägen unsere Zukunft – nicht nur kurzfristig, sondern auf mittlere bis lange Sicht. Megatrends entfalten ihre Dynamik über Jahrzehnte.
IDGs & SDGs 2030
Dieser Zeithorizont mag lange wirken, gerade in Anbetracht der Inner Development Goals (IDGs), die ihres Zeichens auf der Umsetzung der Sustainable Development Goals für 2030 gründen. Bedingt durch diese Deadline ist der Implementierung dieses Megatrends demnach kein Aufschub mehr gegönnt.
Doch können wir, wenn wir an die Nachhaltigkeitsziele denken, Individualisierung überhaupt Raum schenken? Verschlingt Individualisierung nicht immer wesentlich mehr Ressourcen als eine kollektive Maßnahme?
Nachhaltigkeit vs. Individualisierung – KO-Kriterium oder Ergänzung?
Die Nachhaltigkeit und die Individualisierung stehen in Bezug auf die IDGs in einer interessanten Wechselwirkung. Einerseits kann Individualisierung als eine potenzielle Herausforderung für die Nachhaltigkeit betrachtet werden, da sie möglicherweise mehr Ressourcen erfordert und zu einer Fragmentierung von Maßnahmen führen kann.
Wenn für jede einzelne Führungskraft oder jedes Individuum individuelle Programme entwickelt werden, können dies Zeit- und Kostenaufwand bedeuten und möglicherweise ineffizient sein.
Auf der anderen Seite bietet die Individualisierung auch Chancen für die Nachhaltigkeit. Indem sie den Menschen ermöglicht, ihre eigenen Interessen, Stärken und Bedürfnisse zu berücksichtigen, kann eine maßgeschneiderte Entwicklung und Bildung stattfinden.
Wenn Führungskräfte in ihren individuellen Entwicklungsprozessen unterstützt werden und die Möglichkeit haben, ihre Stärken zu nutzen, können sie effektivere Führungsansätze entwickeln, die auch auf die Nachhaltigkeitsziele ausgerichtet sind.
Individuelle Stärken fördern
Die IDGs nutzen den Megatrend der Individualisierung, um die persönliche Entwicklung und das innere Wachstum zu fördern. Indem sie die individuellen Bedürfnisse und Ziele in den Mittelpunkt stellen, ermöglichen sie es den Menschen, ihr volles Potenzial zu entfalten und ihr eigenes Wachstum zu gestalten.
Dies schließt auch die Entwicklung von Führungskompetenzen ein, die für eine nachhaltige Transformation von Organisationen und Gesellschaften erforderlich sind. Eine nachhaltige Individualisierung in der Führung bedeutet also, individuelle Entwicklung und Nachhaltigkeitsziele miteinander in Einklang zu bringen.
Dies erfordert eine sorgfältige Planung und Gestaltung von Bildungsmaßnahmen, um sowohl die individuellen Bedürfnisse als auch die Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen. Es geht darum, individuelle Stärken zu fördern, während gleichzeitig eine gemeinsame Grundlage für nachhaltige Führung geschaffen wird.
Transfer in die Praxis – 3 Konkrete Ansätze
Welche konkreten Maßnahmen können Unternehmen nun setzen, um eine nachhaltige und individualisierte Führungsära einzuleiten?
1. IDG-Potentialanalyse
Als ein mögliches Tool kann beispielsweise die IDG-Potenzialanalyse eine erste Grundeinschätzung geben. Die Basis dieser Analyse ist ein Fragenkatalog, welcher sich auf die fünf Themenbereiche der IDGs (Being, Thinking, Relating, Collaborating and Acting) stützt. Durch die Auswertung der Analyse erhält die Führungskraft eine Selbsteinschätzung und erfährt, wo sie sich in Bezug auf die Unternehmenswerte befindet.
Die Ergebnisse der Analyse dienen als Grundlage für gezielte Maßnahmen zur Förderung des persönlichen und beruflichen Wachstums, die den IDGs entsprechen und eignen sich speziell für Organisations- und Personalentwicklung, Führung, Teamentwicklung und Veränderungsprozesse.
2. Teamworkshops mit Teamprofilen
Um die Selbsteinschätzung validieren zu können, besteht zudem die Möglichkeit, sich von einem:r Kolleg:in eine Fremdeinschätzung abzuholen. Darauf aufbauend besteht die Möglichkeit, Teamworkshops mit Teamprofilen durchzuführen, um die Zusammenarbeit im Hinblick auf die IDGs zu stärken.
3. Mentoring-Programm
Eine weitere Möglichkeit, diese Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen, besteht in der Implementierung eines Mentoring-Programms. Dieses Programm unterstützt Führungskräfte dabei, ihre individuellen Ziele und Bedürfnisse zu verwirklichen und nachhaltigkeitsorientierte Ansätze in ihre Führungspraxis zu integrieren.
Führungskräfte werden individuell mit einem:r erfahrene:n Mentor:in zusammengebracht, um ihre persönliche Entwicklung und ihre Führungskompetenzen zu fördern. So werden individuelle Bedürfnisse und Ziele der Führungskräfte berücksichtigt, indem ihnen ein:e Mentor:in zugewiesen wird, der:die über Erfahrung und Expertise in den spezifischen Bereichen verfügt, an denen die Führungskraft arbeiten möchte.
Die Mentoring-Beziehung ermöglicht es den Führungskräften, ihre individuellen Stärken und Schwächen zu identifizieren und gezielt daran zu arbeiten. Gleichzeitig befinden sich Mentor:in und Mentee im wechselseitigen Austausch zu einer Vielzahl an Themen und können so von- und miteinander lernen.
Dies hilft den Führungskräften dabei, nachhaltigkeitsorientierte Ansätze in ihre Führungspraxis zu integrieren und positive Veränderungen in ihren Organisationen voranzutreiben.
Fazit
Letztendlich können die IDGs und die Individualisierung dazu beitragen, eine neue Generation von Führungskräften hervorzubringen, die sowohl persönlich erfüllt als auch auf nachhaltige Veränderungen ausgerichtet sind.
Indem sie die individuellen Bedürfnisse und das Potenzial jedes:r Einzelnen berücksichtigen, können die IDGs den Weg für eine nachhaltige und individualisierte Führung ebnen, die positive Auswirkungen auf die Organisationen, die Gesellschaft und die Umwelt haben kann.
Commitment MDI – Wir unterstützen Führungskräfte, die nach einer besseren Welt streben.
Als offizieller Partner der Inner Development Goals (IDG) engagieren wir uns aktiv für die Zusammenarbeit mit anderen Interessengruppen, Organisationen und Einzelpersonen, um die Integration von transformationsfördernden Fähigkeiten für nachhaltige Entwicklung in unsere Führungsentwicklung voranzutreiben. Unser Ziel ist es, den Dialog, den Wissensaustausch und die Zusammenarbeit zu erleichtern, um die Agenda der IDGs voranzubringen.
Iris Burner
Learning & Development Consultant
Seit 2022 betreut Iris als L&D-Consultant bei MDI Führungskräfte und Unternehmen weltweit bei ihrer persönlichen Entwicklung und unterstützt bei der Erstellung maßgeschneiderter und nachhaltige Aus- und Weiterbildungsprogramme. Sie legt großen Wert auf die persönliche Lernerfahrung und sorgt dafür, dass ihre Kunden von wertvollen Erkenntnissen profitieren. Mit ihrem Hintergrund in der Erwachsenenbildung und ihrer Berufserfahrung in einem renommierten Unternehmen hat sie ein umfassendes Verständnis für die Bedürfnisse und Herausforderungen von Unternehmen.