Das Führen von virtuellen und hybriden Teams birgt sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Aber wie führt man hybride und virtuelle Teams erfolgreich?
In diesem Beitrag über „hybride und virtuelle Teams erfolgreich führen“, schreibt Mag. Anita Berger über die aktuellsten Entwicklungen. Denn die Form des Führens und der Zusammenarbeit hat sich für viele Führungskräfte und deren Teams aufgrund von Homeoffice in den virtuellen Raum verlagert. Eine weitere Facette ist das hybride Setting, bei dem ein Teil der Mannschaft am Standort arbeitet und ein anderer Teil im Homeoffice. Mit diesen Formen sind Herausforderungen und Chancen gleichermaßen verbunden.
Dieser wertvoller Beitrag ist voller Tipps aus der Praxis für all jene, die die Möglichkeit nutzen wollen, sich mit den Themenfeldern Zusammenarbeit, Kommunikation und Führung auseinanderzusetzen und zu reflektieren, was sie weiter so fortsetzen bzw. worauf sie künftig stärker fokussieren wollen.
Hybride und virtuelle Teams erfolgreich führen –
Tipps aus der Praxis:
1. Bereit sein für verschiedene Formen des Arbeitens
Der Ausspruch des amerikanischen Tennis-Stars Arthur Ashe
„Start, where you are! Use what you have! Do what you can!“
gibt hier durchaus eine sehr pragmatische Anleitung für die weitere Vorgehensweise. Ihre Aufgabe ist, mit gutem Beispiel voranzugehen, einen konstruktiven Austausch zu moderieren und das von und miteinander Lernen zu stärken.
- Bauen Sie auf Ihren Erfahrungen, Ihren Stärken und Qualitäten und denen des Teams auf.
- Es geht darum, pragmatisch zu sein, nicht perfekt. Entscheidend ist, aus dem Tun zu lernen.
- Schaffen Sie Klarheit bezüglich Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Handlungsspielräumen, erwarteten Arbeitsergebnissen und den Entscheidungsprozessen.
2. Gestalten Sie die Kommunikationsprozesse und stellen Sie den Informationsfluss sicher
2.1. Konzentration auf „K D I“
Auf den Punkt gebracht: Nutzen Sie all das, was wirksame und effiziente Face-to-face-Meetings auch ausmacht, und konzentrieren Sie sich auf K D I!
KDI steht für:
- Klarheit,
- Disziplin und
- zwischenmenschliche Interaktion.
2.2. Klarheit
Sorgen Sie für Klarheit zu folgenden Fragen:
- Was ist das konkrete Ziel des Meetings?
- Ist das Meeting die am besten passende Form, um das Thema zu bearbeiten?
- Was ist das Ergebnis, das wir mit dem Meeting erreichen wollen?
- Welche Art von Meeting ist es? (bzw. Informationsweitergabe, Brainstorming, Treffen von Entscheidungen, Erfahrungsaustausch)
- Warum bin ich bei diesem Meeting dabei?
- Was ist meine Aufgabe, mein Auftrag?
- Welchen Beitrag kann ich leisten?
- Was wird von mir erwartet?
- Wer sonst sollte in dem Meeting involviert sein? (bzw. Auftraggeber, Entscheider, bestimmte Wissensträger)
Schaffen Sie eine Struktur für Ihre Meetings, somit stellen Sie auch sicher, dass sich die Teilnehmer entsprechend vorbereiten können. Nachstehend finden Sie konkrete Praxisbeispiele.
2.3. Disziplin & Fokus
- Vorbereitung: Wenn Ziele und Art des Meetings klar sind, wissen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, was für das Meeting vorzubereiten ist. Gehen Sie mit gutem Vorbild voran und seien Sie vorbereitet!
- Pünktlichkeit und störungsfreies Umfeld: Wenn ein Meeting für 9 Uhr angesetzt ist, sollen alle bereits vorab eingewählt sein und die Infrastruktur sowie das erforderliche Equipment sichergestellt haben, sodass die Besprechung pünktlich und störungsfrei startet.
- Geplante Zeiten einhalten: Ein einstündiges Meeting wird auch nach dieser Stunde beendet. Sollte sich herausstellen, dass es mehr Zeit brauchen würde, widmen Sie entsprechend Zeit zum Abschluss des virtuellen/hybdriden Meetings der Klärung, wie die offenen Themen weiter bearbeitet werden.
- Kürzere Meetings (45 bis maximal 60 Minuten): Konzentrieren Sie sich auf kürzere Meetings, die aber den vollen Fokus von allen Teilnehmenden haben. Sollten mehrere Themen zu bearbeiten sein, die mehr Zeit beanspruchen, setzen Sie nach jeweils spätestens 60 Minuten virtuelle Pausen an.
- Stellen Sie sicher, dass es eine dokumentierte Zusammenfassung der Ergebnisse und Vereinbarung zu Follow-up-Aktivitäten gibt. Nutzen Sie dafür auch die vielfältigen technischen Möglichkeiten.
- und gut bekannt, nur nicht immer so leicht umzusetzen: Achten Sie darauf, einander wirklich zuzuhören und ausreden zu lassen.
2.4. Zwischenmenschliche Interaktion
Bisher gab es in der Regel neben virtuellen Meetings auch die Möglichkeit von persönlicher Interaktion. Daher lag in diesen virtuellen Meetings häufig der Schwerpunkt „auf der Sache/dem Thema“. Nachdem die Möglichkeit der persönlichen Interaktion derzeit sehr eingeschränkt ist, widmen Sie der zwischenmenschlichen Interaktion Zeit und virtuellen Raum.
- Falls von der Infrastruktur möglich, sollten die virtuellen Meetings im Videomodus durchgeführt werden, weil dies mehr Nähe schafft. Es gibt Ihnen die Möglichkeit, mehr von der Reaktion Ihrer Gesprächspartner mitzubekommen.
- Als Besonderheit im hybriden Setting: Sollte ein Teil der Teilnehmer in einem Besprechungsraum sein und ein Teil im Homeoffice, verwenden Sie zwei Kameras (können auch zwei Notebooks mit Kamerafunktion sein) im Meetingraum. Eine Kamera ist auf den jeweiligen Präsentierenden gerichtet, die andere Kamera auf die weiteren Teilnehmer. Somit haben auch die Kollegen aus dem Homeoffice die Möglichkeit, einen Eindruck von der Vorort-Interaktion mitzuerleben.
- Planen Sie zu Beginn des Meetings bewusst Zeit für ein soziales Onboarding ein. Dies können Fragen sein, wie zum Beispiel „Wie ist derzeit dein aktueller Energielevel?“ „Was brauchst du, damit du dich bestmöglich ins Meeting einbringen wirst?“ „Was braucht es, damit wir das Meeting bestmöglich nutzen können?“ Ein Check-in sollte nicht alibimäßig durchgeführt werden, sondern dazu genutzt werden, um Personen dort abzuholen, wo sie im Moment stehen und was sie beschäftigt.
- Nutzen Sie grundsätzlich häufiger Fragen, damit das Involvement gegeben ist. Zusätzlich zu den offenen und geschlossenen Fragen, eignen sich Skalenfragen. Damit können Sie von der Einschätzung über das Commitment bis hin zu Erfahrungen Verschiedenes abfragen. Zum Beispiel „Auf einer Skala von 1 bis 10, wie hoch ist dein Commitment, die vorgeschlagene Idee umzusetzen?“ Anschließend stellen Sie weiterführende offene Fragen, wie zum Beispiel „Was braucht es, um von 6 auf eine 7 zu kommen?“
- Nutzen Sie „Einwortfragen“, um schnell Meinungen oder Ideen einzuholen.
- Braucht es ein soziales Onboarding zu Beginn des Meetings, so ist eine Feedbackschleife zum Abschluss des Meetings ebenso wichtig. Fragen wie „Was hat heute gut gepasst? Was sollten wir beibehalten?“ „Was sollten wir für das nächste Mal ändern?“ helfen, die Qualität und Effizienz der Meetings laufend zu verbessern.
- Stellen Sie sicher, dass es für jedes Meeting eine Moderatorin/einen Moderator gibt, die/der die Einhaltung der wesentlichen Prinzipien wirksamer Meetings sicherstellt.
3. Teamidentität & Teamspirit auch im virtuellen bzw hybriden Setting stärken
Auch im virtuellen bzw. hybriden Setting ist es möglich, die Teamidentität und den Teamspirit zu stärken. Es braucht dafür Offenheit und auch den Mut Neues auszuprobieren.
- Planen Sie bewusst Zeit und Raum für die soziale, informelle Interaktion ein. Dies kann zu Beginn einer Besprechung sein, in Form eines virtuellen gemeinsamen Morgenkaffees oder After-Work Drinks bzw. beim gemeinsamen Anstoßen zum Geburtstag.
- Entwickeln Sie gemeinschaftliche Aktivitäten, wie beispielsweise Playlisten und Tipps für die schnelle Küche zuhause.
- Seien Sie aufmerksam und überraschen Sie Ihr Team. Senden Sie mal eine Postkarte oder ein kleines Überraschungspaket mit zB Süßigkeiten. Gerade jetzt, wo sich vieles im virtuellen Raum abspielt, bereitet etwas, „das man in die Hand bekommt“, besondere Freude.
- Schaffen Sie Klarheit gemeinsam mit dem Team „wofür sie als zB. Abteilung stehen“ und „was der Beitrag jedes einzelnen ist“. Dies erhöht die Identifikation.
- Auch Team Workshops können im virtuellen bzw. hybriden Setting die Chance bieten, die Zusammenarbeit zu stärken.
4. Planen Sie das Onboarding für den virtuellen/hybriden Kontext
Eine besondere Herausforderung, die sich in den letzten Monaten gestellt hat, ist das Onboarding von neuen Kolleg/innen im virtuellen bzw hybriden Setting.
Ganz entscheidend ist, den Kontakt zu neuen Kollegen zu suchen und zum Ausdruck zu bringen, dass Sie sich auf sie freuen. Versuchen Sie, Antworten auf möglichst viele Fragen zu liefern. Dafür ist der Perspektivenwechsel hilfreich, dh versetzen Sie sich bewusst in die Situation des Neueintretenden und versuchen zu verstehen, was ihn bzw. sie in Hinblick auf den Start in der neuen Organisation beschäftigt. Verfassen Sie zum Beispiel ein Willkommensschreiben.
- Informieren Sie darin, wo und in welcher Form der Arbeitsantritt stattfinden wird (zum Beispiel am Standort oder im Homeoffice).
- Klären Sie, wer die persönlichen Ansprechpartner und gegebenenfalls Paten sind, und stellen Sie die Kontakte her.
- Beschreiben Sie, wann und wie der Kollege das Equipment und die Infrastruktur erhält, um bei Bedarf im Homeoffice zu arbeiten.
- Verschaffen Sie sich auch Klarheit darüber, was Sie von neuen Kollegen benötigen. Wie und an wen sollen sie die Informationen übermitteln?
- Skizzieren Sie den ersten Arbeitstag. Wenn dieser im Homeoffice stattfindet, braucht es einen genauen zeitlichen Plan, idealerweise auch bereits einen Ausblick auf die erste Woche. Wie viel Flexibilität ist zum Beispiel bezüglich der Zeiteinteilung gegeben? Welche Fixtermine sind einzuplanen? Stellen Sie sicher, dass sich neue Kollegen bestmöglich organisieren können
- Geben Sie einen Einblick in die aktuelle Situation der Organisation. Stellen Sie sicher, dass kein Informationsvakuum entsteht, indem Sie proaktiv informieren. Welche bestehenden Kommunikations- und Informationskanäle, zum Beispiel Newsletter oder Intranet, können Sie dafür nutzen?
- Geben Sie einen ersten Einblick in das bestehende Team. Wer sind die Kolleginnen und Kollegen? Inwieweit besteht bereits die Möglichkeit, den Neueintritt in soziale (informelle) Netzwerke einzubinden?
- Managen Sie bewusst die Erwartungen. Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können. Neue Mitarbeiter werden Verständnis haben, dass eventuell nicht alles von Anfang an funktionieren wird, solange Sie hierzu transparent sind und im offenen Dialog bleiben.
Gleichzeitig ist es wesentlich, die bestehende Mannschaft bestmöglich zu informieren,
- wann und in welcher Form neue Kollegen starten,
- was die jeweiligen Verantwortungsbereiche sein werden,
- was dies für den eigenen Arbeitsbereich bedeuten wird,
- wer die Ansprechpersonen für die neuen Kollegen sein werden,
- wie der Einarbeitungsplan gestaltet sein wird und was es von wem aus dem Team braucht.
Was es im virtuellen bzw hybdriden Kontext in Folge braucht, sind Planung, Vorbereitung, Disziplin und den intensiven und den laufenden Dialog. Darüber hinaus ist die Unterstützung durch einen Paten/eine Patin für die soziale Integration förderlich.
Zusammenfassung
Nutzen Sie die Impulse aus diesem Artikel zu den Themenfeldern
- Bereitsein für verschiedene Formen des Arbeitens,
- Gestaltung der Kommunikationsprozesse und Sicherstellung des Informationsflusses,
- Stärkung der Teamidentität und des Teamspirits auch im virtuellen bzw hybriden Setting,
- Planung des Onboardings für den virtuellen/hybriden Kontext,
um sich bestärkt zu fühlen, gut Funktionierendes fortzusetzen bzw Handlungsfelder zu identifizieren, worauf Sie künftig stärker fokussieren wollen.
Über die Autorin | Mag. Anita Berger, MAS, MSc., eMBA
Executive Coach, Consultant, Trainer & Managing Partner MDI
Anita Berger, ist Executive Coach, Consultant und Trainer mit den Schwerpunkten Führungskräfte-Entwicklung in der VUCA Welt, Begleitung von Transformationsprozessen und internationales Human Resources Management. Sie ist Mitgesellschafter und Partner von MDI, Management Development International. Anita Berger arbeitet seit mehr als 20 Jahren in Management und Führungspositionen (ua als HR Director Coca-Cola Hellenic und als HR Manager Konica Minolta Business Solutions) in verschiedenen Industrien und Unternehmensgrößen, von mittelständischen Unternehmen bis hin zu internationalen Großkonzernen. Zahlreiche Blogbeiträge beschäftigen sich mit aktuellen Fragen zu: Führen von virtuellen und hybriden Teams, digitales Onboarding, agiles Change Management sowie „Können Sozialkompetenzen virtuell trainiert werden?“.