Selbstführung: Die Kraft in uns nutzen
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Selbstführung: Die Kraft in uns nutzen
In der heutigen schnelllebigen und unvorhersehbaren Welt haben wir oft keine Kontrolle über äußere Umstände oder darüber, wie andere uns behandeln. Wir verfügen jedoch über ein mächtiges Werkzeug: die Fähigkeit zu wählen, wie wir reagieren.
Das bedeutet nicht, sich jeder Situation anzupassen oder Lösungen zu erzwingen. Stattdessen konzentriert sich die Selbstführung darauf, unsere Gedanken und Emotionen zu verstehen und zu steuern – Fähigkeiten, die unsere Beziehungen und Führungsqualitäten tiefgreifend beeinflussen können.
Der Kern der Führung: Der „Ich“-Kreis
Stelle dir die Entwicklung von Führungsqualitäten als Kaskadeneffekt vor. Im Zentrum steht das Selbst – der Ausgangspunkt für die Beeinflussung aller äußeren Kreise: Einzelpersonen, Teams, Organisationen und das weitere Umfeld. Die „Ich“-Dimension ist grundlegend.
Wie wir mit anderen in Kontakt treten oder Organisationssysteme gestalten, hängt direkt von unserem inneren Zustand ab. Konzentrieren wir uns zunächst auf diesen entscheidenden Kern: Selbstführung.
Empathie vs. Mitgefühl: Die Wahl der Verbindung
Empathie ist ein Eckpfeiler der Selbstführung und fördert die Verbindung, während Mitgefühl ungewollt Distanz schaffen kann. Laut Brene Brown umfasst Empathie:
- Perspektivübernahme: Die Welt durch die Augen eines anderen sehen.
- Nicht-Urteilen: Die Erfahrungen anderer nicht beurteilen.
- Emotionale Anerkennung: Die Emotionen anderer erkennen und bestätigen.
- Mit anderen fühlen: Sich wirklich in ihre emotionale Erfahrung hineinversetzen.
Führungskräfte haben oft Schwierigkeiten mit Verletzlichkeit, Unvollkommenheit und den unkontrollierbaren Aspekten des Lebens und von Beziehungen. Unsere biologische Veranlagung ist dabei keine Hilfe – wir sind darauf programmiert, potenzielle Bedrohungen zu erkennen und darauf zu reagieren. Es ist ein Überlebensmechanismus, der Bindungen behindern kann. Dies zu erkennen und anzugehen, ist der Schlüssel zu einer empathischen Führung.
Reaktionsfähigkeit kultivieren
Wir können zwar äußere Ereignisse nicht kontrollieren, aber wir können kontrollieren, wie wir reagieren – unsere Reaktionsfähigkeit. Hilfsmittel wie tiefes, bewusstes Atmen und regelmäßige Meditation können helfen, das Alarmsystem des Gehirns zu beruhigen und Raum zwischen Reiz und Reaktion zu schaffen. Dankbarkeitspraktiken können unseren Fokus auf das Positive lenken und die wahrgenommenen Bedrohungen abschwächen.
Diese Gewohnheiten befähigen Führungskräfte, überlegt Entscheidungen zu treffen, selbst inmitten von Komplexität und widersprüchlichen Bedürfnissen.
Entscheidungsfindung in der Führungsrolle: Komplexitäten meistern
Als Führungskraft Entscheidungen zu treffen ist von Natur aus eine Herausforderung. Es ist unmöglich, es allen recht zu machen und jede Entscheidung ruft Kritik hervor. Wenn wir uns dieser Realität bewusst sind, können wir mit Konflikten umgehen, die ein normaler Bestandteil des Organisationslebens sind.
Entscheidungen werden immer Kompromisse mit sich bringen, aber durch die Einbeziehung verschiedener Perspektiven und die Aufrechterhaltung des Selbstbewusstseins können Führungskräfte nach den bestmöglichen Ergebnissen streben.
Dein inneres Team umarmen
Zur Selbstführung gehört auch, die vielen Stimmen in uns – unser „inneres Team“ – zu erkennen und in Einklang zu bringen. Jede Stimme steht für eine Perspektive oder Eigenschaft, wie z. B. den:die Perfektionist:in, den:die Empathische:n oder den:die Ängstliche:n. Das Zuhören und Integrieren dieser Stimmen stärkt die Entscheidungsfindung und Kommunikation.
Praktische Übung:
Stelle dir sich zunächst eine Frage, wie z. B. „Soll ich diesen Konflikt ansprechen?“ Stelle dir die verschiedenen beteiligten inneren Stimmen vor und weise ihnen Rollen oder Charaktere zu. Zum Beispiel:
- Der:die Perfektionist:in: Besteht auf einer fehlerfreien Ausführung.
- Der:die Ängstliche: Warnt vor potenziellen Risiken.
- Der:die Rationale: Strebt nach Logik und Ausgewogenheit.
- Der:die Wütende: Setzt sich vehement für Grenzen ein.
Identifiziere, welche Stimmen lauter oder widerstandsfähiger sind, und lasse jede zu Wort kommen. Ernenne dann eine:n „innere:n Teamleiter:in“, der:die vermittelt und sicherstellt, dass alle Perspektiven gehört und in einen kohärenten Plan integriert werden.
In meinem eigenen inneren Team bringe ich Stimmen wie die Einfühlsame, die Starke, die Ängstliche und die Rationale in Einklang. Jede hat ihren Wert, und meine innere Führungskraft arbeitet daran, sie zu harmonisieren, die Zusammenarbeit zu fördern und Entscheidungen zu treffen, die das Beste aus allen Perspektiven widerspiegeln.
Fazit
Bei Selbstführung geht es nicht um Perfektion, sondern um Bewusstsein und Absicht. Durch die Kultivierung von Empathie, das Üben von Reaktionsfähigkeit und das Annehmen der Weisheit deines inneren Teams kannst du Entscheidungen mit Klarheit und Zuversicht treffen.
Wenn wir uns selbst effektiv führen, befähigen wir andere, sich zu entfalten, und schaffen so positive Veränderungen, die weit über den Kreis des „Ich“ hinausgehen.
Meike Hinnenberg
Learning & Development Consultant
Meike Hinnenberg ist Trainerin bei der MDI Management Development GmbH und spezialisiert auf Kommunikation, Konfliktmanagement, Vielfalt und Inklusion sowie laterale Führung.