HR-Verantwortliche stehen häufig vor der Herausforderung, Mitarbeiter:innen zu identifizieren, die für Führungsaufgaben geeignet sind. Aber woran erkennt man in der Praxis, ob jemand eine Führungsrolle übernehmen kann und will? Welches Mindset brauchen angehende Führungskräfte? Und wie gelingt der Rollenwechsel von der Expert:in zur Führungskraft?
Wirksame Führung beginnt mit wirksamer Selbstführung.
Wer eine Führungsfunktion anstrebt, muss bereit sein, sich mit sich selbst, der eigenen Persönlichkeitsentwicklung sowie den wahren Beweggründen für eine solche Rolle auseinanderzusetzen. Neben den unerlässlichen Führungsqualitäten braucht der potenzielle Führungsnachwuchs darüber hinaus vorab eine realistische Vorstellung davon, was Führung in der jeweiligen Organisation bedeutet und welche Aufgaben, Erwartungen und Anforderungen damit verbunden sind.
Checkliste zum gelungenen Rollenwechsel
- Haben sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits damit auseinandergesetzt, was sich mit der neuen Führungsrolle verändert?
- Haben sie eine konkrete Vorstellung, was dies praktisch bedeutet?
- Leben Mitarbeitende dies bereits aktuell im Rahmen seiner Expert:innenrolle?
- Sind Mitarbeitende bereit, ihren Fokus entsprechend zu erweitern?
Indikator für eine Passung als Führungskraft
Haben Mitarbeiter sich bereits mit der Frage auseinandergesetzt, wie sich der Fokus beim Übergang in die Führungsrolle verschiebt, und hat sie bereits eine Vorstellung, was dies in der Praxis bedeutet, kann dies ein Indikator für eine Passung als Führungskraft sein. Möglicherweise lebt die potenzielle Kandidatin dies bereits im Rahmen ihrer aktuellen Expert:innenrolle aus.
Personalisten können diesen Prozess unterstützen, indem sie Mitarbeiter:innen die Chance bieten, zu verstehen, was Führung in der jeweiligen Organisation bedeutet, und gemeinsam besprechen, welche Möglichkeiten es gibt, sich persönlich weiterzuentwickeln.
Zur Vorbereitung dieses Artikels habe ich über LinkedIn eine Umfrage unter Führungskräften und Personalisten durchgeführt und folgende Fragen gestellt:
- Welches Mindset brauchen angehende Führungskräfte?
- Welche Qualitäten sind besonders relevant für die speziellen Anforderungen des hybriden Führens unter VUCA-Bedingungen, also in einem volatilen, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen (ambigen) Umfeld?
- An welchen Verhaltensweisen erkennen Sie in der Praxis, ob eine Person eine Führungsrolle übernehmen kann und will?
Das Mindset für Führungskräfte | Ergebnisse
Neben dem unternehmerischen Denken, dem Wunsch, Verantwortung zu übernehmen und etwas zu bewegen, sowie der Offenheit für Neues sollte eine Führungskraft den Antworten zufolge vor allem in der Lage sein, das große Ganze im Blick zu behalten, und bei Lösungsvorschlägen komplexe Situationen berücksichtigen können.
Sie sollte Freude daran haben, Menschen zu motivieren und zu befähigen, ohne sich dabei selbst aufzugeben. Neben der Entwicklung des Einzelnen geht es auch um das Stärken des Teamspirits und der Teamperformance. Wertschätzung und eine Kooperation auf Augenhöhe sind dabei genauso wichtig wie Ausdauer, innere Stärke, Stressresistenz und Entscheidungsfähigkeit.
Nicht zuletzt sollte eine Führungskraft den Umfrageergebnissen zufolge die Bereitschaft mitbringen, sich mit sich selbst und dem eigenen Führungsstil auseinanderzusetzen und der eigenen Vorbildfunktion bewusst sein.
In Hinblick auf die Herausforderungen der letzten Monate haben die Attribute Optimismus und Positivität, die Fähigkeit, Nähe in Zeiten der Distanz herzustellen beziehungsweise aufrechtzuerhalten, sowie Medienkompetenz an Bedeutung gewonnen.
MINDSET CHECKLISTE FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE
- Selbstreflexion: Bereitschaft, sich mit sich selbst und dem eigenen Führungsstil auseinanderzusetzen
- Ausdauer, innere Stärke, Stressresistenz
- Optimismus und Positivität
- zuhören können
- virtuell und tatsächlich präsent sein
- Entscheidungsfähigkeit, Entscheidungswille
- Going-beyond-Mindset: hinschauen und hingreifen („Es geht dann, wenn …“)
- Wunsch, Verantwortung zu übernehmen und etwas zu bewegen
- Offenheit für Neues, Mut zum Change, Neugierde
- Identifikation mit dem Unternehmen, unternehmerisches Denken und Handeln, Berücksichtigung von Komplexität bei Lösungsvorschlägen (das Ganze im Blick haben)
- Enabler sein: Freude daran haben, Menschen zu befähigen, zu motivieren, ohne sich selbst aufzugeben
- Wertschätzung und Kooperation auf Augenhöhe
- verschiedene Meinungen zulassen
- Teamgeist stärken
- sich der Vorbildfunktion bewusst sein
- Nähe in Zeiten der Distanz herstellen und aufrechterhalten
- Fels in der Brandung sein
- Zuversicht ausstrahlen
- Medienkompetenz
Anita Berger
Executive Coach, Consultant, Trainer & Managing Partner MDI
Anita Berger ist Executive Coach, Consultant und Trainer mit dem Schwerpunkt Führungskräfteentwicklung und internationales Human Resource Management. Sie ist Partnerin von MDI Management Development International. Seit mehr als 15 Jahren arbeitet sie in Management- und Führungspositionen (unter anderem als HR-Direktorin bei Coca-Cola Hellenic und als HR-Managerin bei Konica Minolta Business Solutions).