Impuls-Serie - The Future of Workplace Learning
Teil 2 mit Marina Begic: Digital Business Development Expertin und Senior L&D Consultant
Unsere Digital Business Development Expertin und Senior L&D Consultant Marina Begic setzt sich aktuell intensiv mit dem Thema „The Future of Workplace Learning“ auseinander.
Denn schnelles und gezieltes Lernen, vor allem bei Führungskräften, wird in einer zunehmend digitalen und agilen Welt immer wichtiger. Ihre persönlichen Learnings teilt sie mit uns. Los ging es mit dem ersten Thema „The Future of Workplace Learning – Digitalisierungsboost“
Übrigens: Schon bald gibt es in Teil 3 mehr zur zukünftigen Rolle von L&D ExpertInnen und Trusted Guides!
Marina ist übrigens Mitglied unserer LinkedIn Expertengruppe
Wer sich rundum „Agile Leadership Development“ austauschen möchte, kann uns gerne eine Anfrage senden. Wir freuen uns auf dich und deine wertvollen Impulse!
Selbstgesteuertes Lernen braucht mehr als nur ein LMS!
Während der Pandemie haben wir alle erlebt was mit E-Learnings schon alles möglich ist und wie schnell wir von Präsenz auf virtuelles Training umsteigen können. Wer bereits ein Learning-Management-System (LMS) im Einsatz hatte, hat sich wahrscheinlich leichter getan digitale Lernunterlagen und Videos seinen MitarbeiterInnen und Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Zugleich war die Lernkurve auch sehr steil, denn wir haben rasch erfahren welche Möglichkeiten digitale Lernlösungen bieten und wo die Grenzen sind.
„LMS soll selbstgesteuertes Lernen fördern“– diesen Satz höre ich immer wieder von L&D Abteilungen und Führungskräften bei der Frage nach dem Zweck des LMS. Die Verantwortung des Lernens soll bei den MitarbeiterInnen selbst liegen.
Was ist selbstgesteuertes Lernen überhaupt?
Eine einheitliche Definition gibt es nicht, hier ein Versuch es zusammenzufassen:
Lernende sollen aus eigenem Antrieb heraus die Initiative ergreifen, die eigenen Lernbedürfnisse und Lernziele erfassen und die passenden Lerninhalte wählen und anwenden. Die reine zur Verfügung-Stellung der Inhalte in einem LMS angelehnt an einem PDP (Personal-Development-Plan) reichen demnach nicht aus, um selbstgesteuertes Lernen zu bewirken. Lernen ist ein soziales Phänomen, das einen holistischen Zugang braucht.
Ein LMS eignet sich gut, um einen vorgefertigten Prozess an der richtigen Stelle mit den passenden Inhalten zu versorgen. Wenn man nicht zu hohe Erwartungshaltungen an das LMS hat, kann es richtig eingesetzt, immer noch ein sehr nützliches Tool sein.
Wer aber die Lernkultur im Unternehmen nachhaltig verändern und in Richtung agiles Lernen weiterentwickeln möchte, sollte nicht auf ein großes, teureres Pferd setzen, das womöglich in ein paar Jahren gar nicht mehr einsetzbar sein wird, sondern lieber mittels Sprints viele kleinere Möglichkeiten ausprobieren.
70:20:10
Das in der Führungskräfteentwicklung gerne verwendete Model 70:20:10 rückt uns näher vor Augen, dass wir immer und überall lernen, vor allem durch unsere Arbeit (70) und von anderen (20). Zukünftig wird es immer mehr eine Verschmelzung der drei „Arten“ zu Lernen geben, also formell (10%, Education), durch Interaktion mit anderen Menschen (20%, Exposure) und informell durch eigene Erfahrung (70%, Experience).
Learning is the Work. (Jarche, 2013)
Der Education Anteil, also der formelle Teil des Lernens wird vermehrt situativ dort eingesetzt und abgerufen werden können, wo man ihn braucht. Die technischen Voraussetzungen dafür sind bereits gegeben.
Adaptive Systeme oder Learning-Experience-Plattformen (LXP)
Dazu braucht es auch Systeme, die sich an die User und deren Bedürfnisse laufend mitanpassen. Adaptive Systeme oder Learning-Experience -Plattformen, die Wissensnuggets zeit- und ortsunabhängig leicht verdaulich liefern und zugleich sich die Lernpräferenzen merken und sinnvolle neue Lerninhalte vorschlagen.
Aus Usersicht hätte man den Entwicklungsschritt des starren LMS überspringen können und gleich mit sogenannten Experience Plattformen starten können. Aber Vorsicht, nicht jede LXP ist auch wirklich eine echte Experience Plattform. Dem User eine über das Durchklicken hinaus aktive Rolle im Lerngeschehen zu geben, sollte eine Mindestvoraussetzung und nicht eine angepriesene Weiterentwicklung am Markt sein.
Was auch hinderlich für den Lernprozess sein kann in Verbindung mit einer LMS Einführung sind
- Ein langer Einführungsprozess: Nicht selten dauert es mehrere Jahre von der Suche bis zum Roll-out der Software. Meist wird monatelang mit 15 verschiedenen Stakeholdern/Sponsoren (die meist gar nicht die direkte Zielgruppe sind) ein Anforderungskatalog erstellt.
- Es wird die eierlegende Wollmilchsau gesucht, die alle technischen Kriterien erfüllt und zufällig auch noch für das eigene Unternehmen die genau richtigen Inhalte mitliefert.
- Es wird nach dem Wasserfall statt agilem Prinzip gearbeitet, also erst wenn alle Funktionen fehlerfrei laufen, dann wird das System eingesetzt.
Wenn mit der Zielgruppe nicht laufend getestet werden und leicht angepasst werden kann, ist die Gefahr des Scheiterns groß.
Was können aktuelle LXP Plattformen leisten?
- Aktuelle LXP Plattformen wie eloomie, Rallyware, HLX, StoryShare bieten neben Lerninhalten auch ein integriertes Autorensystem für die Erstellung von eigenen E-Learnings, ermöglichen Self-Service Content Curation und Content Sharing und berühren somit auch Soziales Lernen.
- Lernplattformen sollten im Standardprogramm plattformübergreifende Inhalte und mittels künstlicher Intelligenz vom Userverhalten ausgehend passende Inhalte im Netflix Stil vorschlagen.
- Die Plattform Leapsome versucht mittels Analytics-Tool fortlaufend den eigenen Weiterbildungsbedarf zu ermitteln und daily business, Tasks, Zielemanagement und Feedback in Verbindung bringt. Hier fehlt aber die Möglichkeit Inhalte von Drittanbietern einzubinden.
- LXP zahlen also auch auf die aktiven und sozialen Komponenten von Lernen, Experience und Exposure.
- Doch erst 25% der US-Unternehmen haben eine Learning Experience Plattform im Einsatz und laut Haufe Benchmarking Studie aus 2020 sind LXP noch wenig verbreitet – für 62% der Befragten ist es noch gar kein Begriff.
Wer noch kein LMS hat und selbstgesteuertes Lernen fördern möchte, hier 9 Tipps dafür:
1. Vorhandene Systeme nutzen: bestehende Intranets oder Kommunikationsplattformen/-kanäle können vielleicht nicht alle LMS-Funktionen erfüllen; wahrscheinlich können sie aber mehr als man denkt. Text, Bild und sogar Videos lassen sich heutzutage nahezu in allen Unternehmen an der ein oder anderen Stelle leicht einbinden. Also zunächst mal bei der IT anklopfen und von Key-Usern die Funktionalitäten bestehender Systeme zeigen lassen. Außerdem will niemand das 25. Programm – sei es noch so nützlich und interessant.
2. Content IMMER vor Infrastruktur: Nicht auf das in 6 Monaten angekündigte LMS warten, um einen für seine MitarbeiterInnen aktuell relevanten Inhalt zu vermitteln. Bis dahin ist der Inhalt vielleicht sogar schon veraltet. Es gibt bestimmt eine Möglichkeit, bspw. Intranet, Social Media Firmengruppe, Monitore in Produktion-/Pausenhallen oder einfach Link per Mail /SMS auf Youtube Channel. Wichtig ist es die Botschaft so nah wie möglich (barrierefrei) and die Zielgruppe zu bringen.
3. Iteration vor Perfektion: Lieber in kleinen Häppchen, also Microlearnings in 3-5 Minuten, in verschiedenen Kanälen regelmäßig Content veröffentlichen. Sowohl bei der Softwarte/Infrastruktur als auch bei der Content-Produktion in Sprints arbeiten, Feedback von der Zielgruppe einholen und weitermachen. Auch wenn es preislich verlockend ist, eher kürzere Lizenzzeiträume ausmachen. Inhalt, der in einem Jahr nicht mehr benötigt wird, ist dann auch vergünstigt immer noch zu teuer.
4. Relevanz: Gut überlegen, mit welchen Inhalten man zuerst bei der Zielgruppe mit E-Learnings rausgeht. Wie relevant ist der Inhalt für die Zielgruppe? Ist er „nur“ rechtlich relevant (Pflichtschulung) oder löst es auch ein Problem der Zielgruppe. Wie vermittle ich der Zielgruppe, dass dieser Inhalt relevant ist? Hier zahlt es sich aus, etwas mehr Zeit dem auch bei der inhaltlichen Gestaltung der E-Learnings zu widmen: Falls bspw. ein Standardcontent eingekauft wird, könnte man mittels cloudbasiertem Autorentool rasch einen personalisierten Rahmen mit einleitenden Worten zum WHY oder sogar ein kurzes Intro-Video mit dem CEO drehen. Man kann auch mit der Sandwich-Methode arbeiten. Ein Pflichtinhalt (wie IT-Sicherheit) verpackt zwischen zwei spannenderen Inhalten.
5. Good news spreads fast: Aber nur wenn es auch genug Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen, die es auch verbreiten können. Daher mit Inhalten starten, die für eine größere Zielgruppe relevant sind. Also was bringt den schnellsten Quick-Win, schafft den größten Impact, steigert den Business Value? Es ist also bspw. ratsam die Outlook-Schulung für alle MitarbeiterInnen dem E-Learning für C-Level vorzuziehen.
6. Mix & Match: Auch wenn es auf ersten Blick vermeintlich leichter scheint mittels großem Komplettanbieter, der alle Funktionalitäten abdeckt und oft schon viele Inhalte mitliefert, zu arbeiten, ist es dennoch schwerer ein großes Schiff in Zeiten der Veränderung zu navigieren. Man wird trotzdem nie alles von einem Anbieter abdecken können. Optimal ist ein Mix aus zugekauften Standardinhalten, teilweise oder ganz selbst produzierten und professionell produzierten Inhalten. Ich empfehle immer mit ein paar ausgewählten Inhalte zu starten als ganz ungesteuert eine Bibliothek mit hunderten Inhalten freizugeben.
7. Zielgruppe miteinbeziehen (Empowerment): Nicht nur mittels einmaliger Bedarfserhebung am Beginn, sondern laufend. Der Produktionsmitarbeiter weiß wahrscheinlich besser als die L&D Abteilung wie die Produktionslinie verbessert werden kann und wie man das darstellen kann. Projektgruppen selbst Inhalte produzieren lassen und mit kurzer „How to make a Microlearning“ Schulung Werkzeuge an die Hand geben, wie sie selbst kurze Videos gestalten und teilen können. Wettwerbe ausrufen, Innovationpreise schaffen, Zugang zu Video/Autorentools ermöglichen.
8. Strategie-Roadmap: Auch eine agile Lernreise braucht einen Nordstern, eine Mission. Partner deshalb strategisch auswählen. Was ist das Ziel der LMS-Einführung? Weil die Unternehmensführung das Unternehmen digitalisieren möchte? Gibt es eine Strategie dafür? Was soll dadurch verändert werden? In welchem Zeitraum? Welche Probleme werden damit gelöst – kurz-, mittel-, oder langfristig? Braucht es tatsächlich ein LMS dafür, oder vielleicht schon etwas anderes? Auf welches Ziel zahlen die digitalen Lerninhalte ein? Eine Strategie-Roadmap hilft bei der Orientierung. An dieser Stelle kann es hilfreich sein, unabhängige externe Experten ins Boot zu holen. Entweder nur für die Strategie oder auch für Content-Curation und personalisierte Produktion.
9. Kommunikation first: Kommunikation ist die halbe Miete und der Schlüssel zum Erfolg. Wirklich. Punkt! Mit einer E-Learning Strategie muss immer ein Kommunikationsfahrplan und ausreichende transparente Kommunikation miteinhergehen. Doch was ist „ausreichend“?
Folgende Vorgehensweise kann Orientierung geben:
- Am Beginn des Vorhabens: 70% Kommunikation für 30% Botschaft
- In der Reifephase: 50% Kommunikation für 50% Botschaft
- In der Erhaltungsphase: 30% Kommunikation für 70% Botschaft
Das klingt nach viel Arbeit? Ist es auch!
E-Learnings führt man aber nicht ein, um es der L&D Abteilung leichter zu machen, sondern allen anderen 😉 Die gute Nachricht ist aber, dass man die Kommunikationsarbeit nicht alleine machen muss und eigentlich auch gar nicht alleine machen kann. Sie brauchen dazu vertrauenswürdigen Experten sogenannte Trusted Guides.
Mehr zur zukünftigen Rolle von L&D ExpertInnen und Trusted Guides gibt es in Kürze im dritten Teil meiner Impuls-Serie!
Marina Begic
Digital Business Development Expertin und Senior L&D Consultant
Marina beschäftigt sich seit über 15 Jahren mit neuen, effektiven Lernmethoden und der Zukunft des Corporate Learning. In ihrer aktuellen Rolle ist sie zuständig für das Digital Business Development bei MDI. Ihr Fokus liegt nicht auf aktuelle Buzzwords, sondern in erster Linie auf die Umsetzbarkeit von digitaler Transformation bei Kunden wie Erste Group, Lenzing, Semperit, Deutsche Bahn, Andritz AG, Uniqa, Mayr-Melnhof, Frequentis, RHIM. Ihre größte Stärke ist es lose Enden zusammenzuführen, was sie mit ihrem Blick für das große Ganze und mit multi-dimensionalem Ansatz immer wieder beeindruckend umsetzt. Ihre größte Leidenschaft ist es den Lernenden nicht nur ein Erlebnis, sondern auch einen nachhaltigen Mehrwert für ihre tatsächlichen Herausforderungen zu schaffen.
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