Im Herbst 2017 startet das neue Global Leadership Training Programme bei Mondi, bei dem es um das Vermitteln interkultureller Führungskompetenz und die Vorbereitung von Führungskräften auf internationale Aufgaben geht. Wir haben mit Birgit Höttl, Head of The Mondi Academy, und Helena Gutierrez, MDI Training & Development Consultant, über das Programm gesprochen. Sie erläuterten uns den zugrundeliegenden Nutzen für das Unternehmen und die Komplexität, sowie Tipps und Erfolgsstrategien beim Vermitteln interkultureller Inhalte zu erläutern.
Welcher Bedarf war für die Entwicklung des Global Leadership Programmes ausschlaggebend??
Birgit Höttl: Als weltweit operierendes Unternehmen entsenden wir unsere Manager immer wieder in andere Länder, beispielsweise im Rahmen der Integration neuer Werke. Es wichtig, dass die Manager, die in das neue Land kommen, ein Gefühl dafür haben, was interkulturelle Führung bedeutet und welche Risiken es gibt. Mit dem neuen Training wollen wir einerseits das Bewusstsein für kulturelle Unterschiede und Feinheiten schaffen und vermitteln, worauf man achten muss, wenn man in eine neue, vielleicht ganz andere Kultur als die eigene kommt – vor allem, was das Thema Führung betrifft. Gerade eine Integrationsphase ist eine heikle Zeit, in der der Stresspegel generell hoch ist. Wenn in so einer Situation eine Führungskraft auftritt, die kein Gefühl für die neue Kultur hat, kann sehr viel schief gehen – Zeitverlust, Reibungsverluste und letztlich auch finanzielle Verluste.
Das Programm ist also eine präventive Maßnahme?
Birgit Höttl: Genau, Prävention ist ein Fokus des Programms. Wir möchten unseren Managern helfen, andere Kulturen und Arbeitsweisen besser zu verstehen. Wir wollen damit auch generell den globalen Mindset unserer Manager unterstützen. Mondi ist global tätig und wir alle arbeiten heute in einer Welt, die immer mehr zusammenwächst. Darum wollen wir Führungskräfte, die über ihren Tellerrand hinausschauen und interkulturelles Feingefühl besitzen. Was den Führungs-Mindset betrifft, bedeutet das, dass sie einen holistischen Zugang zum Thema Führung haben und global denken. Nicht umsonst heißt es „Think global, act local“ – das gilt auch hier.
Interkulturelle Kompetenz ist eine wichtige Fähigkeit bei Mondi und gleichzeitig der Kerninhalt vom neuen Programm. Wann ist eine Führungskraft bei Mondi „kulturell kompetent“?
Für mich persönlich ist eine kulturell kompetente Führungskraft jemand, der sich, bevor er oder sie in ein neues Land kommt, damit auseinandersetzt, was in diesem Land wichtig ist und das auch mit seinen persönlichen Werten und seiner eigenen Kultur abgleicht. Dadurch ist man von Anfang an sensibilisiert für eventuelle Wissenslücken. Kulturell kompetent ist für mich auch jemand, der reflektieren kann, seine Lernfelder erkennt und entsprechend agiert. Wenn jemand in ein fremdes Land geht und weiß, dass die Kultur dort anders ist und die Menschen anders ticken, ist es wichtig, Bereitschaft zu zeigen und sich – neben den Trainings, die unsere Manager bei uns besuchen können – zum Beispiel einen Coach zu nehmen und an individuellen Herausforderungen zu arbeiten. Dadurch kann man die eigenen Erwartungen, die des Konzerns, aber auch die der zukünftigen Mitarbeiter und Teams bestmöglich erfüllen. Selbstreflexion ist daher etwas, was bei einer kulturell kompetenten Führungskraft wichtig ist.
Das heißt kulturelle Kompetenz ist eher Mindset als Toolbox?
Nicht nur – ich denke, dass es auf jeden Fall mit der Einstellung beginnt, da man sich öffnet, um die Werte der neuen Kultur mit seinen eigenen abzugleichen und Unterschiede wertzuschätzen. Diese Offenheit gegenüber neuen Kulturen und vielleicht auch eine gesunde Neugier, wie Dinge in anderen Kulturen sind und was man von den Menschen dort lernen kann, hängt von der persönlichen Lebenseinstellung des Einzelnen ab. Es darf aber nicht dabei enden. Man braucht genauso eine Tool-Box, auf die man zurückgreifen kann, Werkzeuge, die einen dabei unterstützen, Dinge anzuwenden und umzusetzen. Für kulturelle Kompetenz ist daher die richtige Mischung aus Einstellung und Toolbox wichtig.
Interkulturelle Kompetenz kann ein heikles Thema sein, bei dem man schnell in Klischees abrutscht. Was ist besonders wichtig, wenn man Inhalte rund um interkulturelle Kompetenz vermitteln möchte?
Ich denke, dass man gerade in einem Training, in dem es um interkulturelle Kompetenz geht, vielleicht nicht unbedingt Klischees bedienen, aber bestimmte Dinge überzeichnen und überhöhen muss. Meiner Meinung nach muss man manchmal ein bisschen plakativ sein. Es hat sich allerdings gezeigt – und das haben wir auch im Pilottraining zum Programm gesehen – dass es nicht auf dieser Ebene bleiben darf, sondern dass sie durch praktische Beispiele im Training ergänzt werden muss. Das funktioniert durch Rollenspiele und praktische Übungen, die einen aus der Komfortzone herausholen und – das ist ganz wesentlich – durch die Erfahrungen, die die Teilnehmer beisteuern. Dadurch wird ein wirklich praktischer Arbeitslevel geschaffen. Im Pilottraining waren Mitarbeiter aus vielen unterschiedlichen Kulturen dabei, auch Manager, die als Expats schon internationale Erfahrungen gesammelt haben. Das war ein ganz wertvoller und wesentlicher Beitrag, der das Training wirklich sehr praktikabel und umsetzungsorientiert gemacht hat. Mit all dem als Gesamtpaket kann man interkulturelle Kompetenz vermitteln, ohne bei Klischees hängen zu bleiben.
Stichwort Komfortzone: Das neue Programm soll Teilnehmer gezielt aus dieser herausholen, um neue Kompetenzen entwickeln zu können. Wie genau passiert das?
In erster Linie sind das natürlich praktische Übungen, die wir im Training haben. Ich erinnere mich noch sehr lebhaft an die eine oder andere Übung aus dem Piloten – das waren vor allem all jene, die Unsicherheit als Grundmotiv hatten. Das Gute an solchen Übungen ist, dass man, relativ schnell aus seiner Komfortzone herauskommt, weil man nicht weiß, worum es geht, was genau abläuft und wie man sich verhalten soll. Die Übungen starten, ohne dass Grundregeln kommuniziert werden, an die sich alle halten können. Man wird praktisch ins kalte Wasser geworfen. Die Unsicherheit, die man dann spürt, spiegelt sehr gut wieder, was passieren kann, wenn man in eine neue Kultur kommt und nichts über die Regeln und üblichen Abläufe dort weiß. Durch solche Übungen wird einem vor Augen geführt, wie gefährlich beziehungsweise irreführend es sein kann, unvorbereitet in solche Situationen zu gehen.
Übungen mit Unsicherheit als Grundmotiv holen einen schnell aus der Komfortzone und haben einen unglaublichen Lerneffekt
Wie ist das Pilottraining bei den Teilnehmern angekommen?
Sehr gut! Den Teilnehmern hat vor allem der Informationsaustausch mit Personen, die bereits sehr viele internationale und interkulturelle Erfahrung gesammelt haben, gefallen. Aber natürlich – und deshalb machen wir auch ein Pilottraining – gibt es Schrauben, an denen wir noch drehen müssen. Das eine oder andere muss noch verfeinert werden und vielleicht muss man sogar noch ein wenig mehr von den „unbequemen“ Übungen und Spielen in das Training bringen. Solche praxisnahen Inhalte kommen bei unseren Mitarbeitern immer sehr gut an. Das Feedback war grundsätzlich also sehr positiv. Sogar so positiv, dass ein Sales Director von uns das Training neben dem Termin, den wir offen anbieten, für sein Team speziell anbietet.
Was wäre anders gelaufen im Programm ohne Pilot?
Das fällt mir schwer zu beantworten, weil Pilottrainings bei uns Standard sind. Bei jedem neuen Training gibt es davor eine Pilotgruppe, in die wir in der Regel zuerst einmal eher erfahrene Personen einladen. So erhalten wir wirklich gutes, kritisches und konstruktives Feedback und erst dann gehen wir in den internationalen Roll-Out.
Ist das eine Maßnahme, die du auch weiter empfehlen würdest?
Auf jeden Fall. Man kann ein Training mit einem noch so professionellen Trainingsanbieter designen und noch so gut darauf achten, dass es mit den Erwartungen aller relevanten Stakeholder abgestimmt ist, in der Umsetzung, und wenn Teilnehmer dabei sind, ist es dann doch immer etwas anders. Übungen müssen wirklich durchgespielt werden, der rote Faden im ganzen Programm muss sich beweisen. Deshalb würde ich bei großen Programmen immer zwingend ein Pilottraining machen. Das dient einfach der Qualitätssicherung.
Vor dem Launch im September: Was ist noch zu tun?
Wir werden einerseits die Werbetrommel rühren und andererseits die Inhalte bearbeiten, anpassen und feinschleifen gemäß dem Feedback aus dem Pilotprojekt. Dann geht es schon mit den ersten Gruppen los.
Abschließend ein Blick in die Zukunft: Was muss eintreten, damit Mondi das Programm als erfolgreich betrachtet?
Wenn unsere Manager das Programm besuchen und es dann ihre Kollegen weiterempfehlen – das heißt gute Mundpropaganda ist für uns ein Zeichen des Erfolgs.
Consultant gefragt
Helena Gutierrez ist MDI Training und Development Consultant für das Programm bei Mondi. Wir haben sie gefragt:
Was war die größte Herausforderung beim Entwickeln vom neuen Global Leadership Training Programme?
Am anspruchsvollsten war es, die richtige Lerntransferstrategie zu entwickeln, vor allem deshalb, weil die Mitarbeiter von Mondi bereits mit vielen Soft Skills ausgestattet sind und sehr viel Trainingserfahrung haben. Wir wollten etwas entwickeln, das die Teilnehmer nicht nur aus der Komfortzone herausholt, sondern wir wollten auch, dass sie wirklich verstehen, was Kultur überhaupt bedeutet und was es braucht, um eine ausgezeichnete Führungskraft in einem globalen Umfeld zu sein. Das war nicht einfach zu entwerfen, da das nichts Alltägliches ist.
Würdest du sagen, dass es einen Schlüsselfaktor gibt um eine abstrakte Fähigkeit, wie „Interkulturelle Kompetenz“ zu stärken und auszubauen und wie hat das beim Training funktioniert?
Ich finde, dass es sehr gut funktioniert hat, das Feedback war fantastisch. Ein sicher sehr wesentlicher Grund dafür ist, dass die Menschen bei Mondi dafür offen sind, ihre Komfortzone zu verlassen, sich selbst weiterzuentwickeln und neue Herausforderungen anzunehmen.
Was hilft Ihnen als nächstes?
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