Niemand gibt gerne Einblick in die Bereiche, in denen es gerade hakt. Und im Sinne der beidseitigen Komfortzone neigt man dazu, auch nicht danach zu fragen. Die Rede ist von Trainern und Unternehmen, die gemeinsam Entwicklungsmaßnahmen konzipieren. Für echte Trainingsresultate und positiven und vor allem direkten Einfluss auf Businessziele braucht es Mut – auf beiden Seiten. Wir haben Trainingsexpertin und Coach Masha Ibeschitz zu diesem Thema befragt.
Ein Unternehmen bestellt ein Seminar zu einem bestimmten Thema, der Trainer konzipiert. So läuft das im Normalfall. Sie sagen, wenn man die eigene Komfortzone verlässt, lassen sich weitaus effektivere Trainings gestalten beziehungsweise Resultate erzielen. Was genau meinen Sie damit?
Wenn ich mich als Trainerin im Sinne von nachhaltiger Personalentwicklung als verantwortungsvoller, partnerschaftlicher Begleiter meines Kunden verstehe, muss ich mich zuerst einmal fragen: Wozu eigentlich Personalentwicklung? Eine mögliche Antwort ist: Das, was in der Personalentwicklung passiert, hilft mit, bestimmte Unternehmensergebnisse zu erzielen. Das ist auf den ersten Blick eine 0-8-15-Aussage. Auf den zweiten Blick ist es aber so, dass sehr oft die Verbindung oder die Brücke zwischen einem Seminar und Businesszielen nicht gegeben ist. Diese Brücke zu bauen zwischen Seminardesign und konkretem Business Need braucht sowohl vom Kunden als auch vom Trainer oder Institut die Bereitschaft, sich damit auseinanderzusetzen, um wirklich effektiv zu sein. Und die Effektivität hängt dann ganz stark davon ab, wie sehr das Unternehmen und der Trainer bereit sind, sich aufeinander einzulassen, um eben ein gemeinsames Businessziel zu erreichen. Das kann sich dann mitunter weit außerhalb der Komfortzone von beiden befinden.
Okay, gehen wir davon aus, Trainer verlassen die Komfortzone und fragen HR ganz explizit „Wo hakt es bei Euch im Unternehmen gerade wirklich?“ „Wie genau sehen Eure Businessziele aus?“. Wie sind da die Reaktionen? Ist das schwierig?
Das ist ganz unterschiedlich. Die Voraussetzung, um überhaupt zu so einem Gespräch zu kommen ist großes Vertrauen zwischen Kunde und Trainingsanbieter oder besser gesagt: Entwicklungspartner. Wenn man Trainings als integralen Beitrag zum Unternehmenserfolg verstehen möchte, brauchte es auf der einen Seite Kunden, die keine Trainings nach Themen bestellen sondern es wagen, sich wirklich aktiv auf Ziele- und Indikatorendefinition einzulassen. Diese Bereitschaft sehe ich in den letzten 15 Jahren übrigens wachsen. Auf der anderen Seite braucht es einen Entwicklungspartner, der in der Lage ist über Trainingsmaßnahmen hinaus Businessziele und Zusammenhänge zu verstehen und in die Maßnahmenentwicklung mit einzubeziehen.
Was sind da die Grenzen bzw. Barrieren auf die man als Entwicklungspartner im Unternehmen stößt?
Ab und zu kann man in Unternehmen bemerken, dass HR als Dienstleister im eigenen Unternehmen angesehen wird und nicht als wirklicher Business Partner. Dann kann es passieren, dass von der Führungsebene die Ansage kommt „Liebes HR Team, unsere Führungskräfte können nicht gut delegieren, organisiert doch ein Delegations-Seminar!“ Wenn sich HR dann im Selbstverständnis in die Dienstleister-Rolle fügt, gibt es eben ein Delegationsseminar. Mit dem Entwicklungspartner redet man dann über die Inhalte, dann folgt das Design und schon sitzt man im Training. Man schaut, dass die Teilnehmer zufrieden sind, dass sie Tools, Konzepte und Ideen an der Hand haben, um in Zukunft besser zu delegieren und dass sie das Gefühl haben, etwas gelernt zu haben. Ist das erreicht gehen alle zufrieden nach Hause.
Das ist schon um einiges mehr an Resultaten, als es zum Beispiel Mitte der 90er Jahre war. Aber es geht noch viel mehr. Und es gibt auch Konzepte um das zu erreichen, Kirkpatrick und das New World Model zum Beispiel.
Stichwort Kirkpatrick: Sie selber haben die Zertifizierung gemacht und sind jetzt sogar Trainerin dafür. Inwieweit ist die Kirkpatrick Methodik eine Hilfe in dem ganzen Prozess?
Ich bin seit 25 Jahren in der Branche und durfte in Zusammenarbeit mit meinen Kunden schon an sehr vielen und sehr tollen Projekten arbeiten. Als ich Jim Kirkpatrick und das Konzept vor einem Jahr kennengelernt habe war das insofern eine ganz spannende Erfahrung, weil ich dachte: Aha, genau das ist die Struktur und das Gerüst, das wir bei den besonders erfolgreichen Projekten ohnehin schon angewendet haben. Zumindest sehr ähnlich. Dann habe ich mir Kirkpatrick genauer angeschaut und natürlich gesehen, dass es noch viele Elemente gibt, die ich dazulernen kann. Und ich finde es immer eine gute Idee, wenn man Dinge strukturiert und professionell tun kann. Das nehme ich beim Kirkpatrick Approach wahr.
Ist die Zertifizierung speziell für Trainer oder kann zum Beispiel auch HR davon profitieren?
Um grundlegend zu verstehen, was man in der Führungskräfteentwicklung erreichen kann und um zu reflektieren, was man selbst bewegen möchte, ist dieses Modell für jeden sehr geeignet – vom Trainer über HR bis hin zur Führungskraft selbst. Außerdem ist der Zeitpunkt jetzt gerade gut – wir arbeiten mittlerweile mit einem weiterentwickelten Modell [Anm. New World Model]. Wie beim ursprünglichen Modell sehen die vier Level so aus: Level 1 – Teilnehmer sollen happy sein. Level 2 – Lernziele sollen erreicht werden. Level 3 – Teilnehmer sollen sich anders verhalten. Und dann gibt es noch Level 4 – Das ist eben das Erreichen der Business Ziele. Im Gegensatz zur chronologischen „Abarbeitung“ dieser vier Level sagt Jim Kirkpatrick mit dem New World Model jetzt: Start with the end in mind! Das heißt sich ganz zu Beginn – und hier schließt sich der Kreis wieder – zu fragen: Was sind die Business Ziele? Welchen Beitrag kann ein Training zum Erreichen dieser Ziele beitragen?
Über Masha Ibeschitz
Masha Ibeschitz ist Spezialistin im Bereich Lerneffektivität, Führung und Management, Kommunikation, Coaching, Organisationsentwicklung und Train-The-Trainer. Seit Kurzem ist sie außerdem die erste Trainerin weltweit, die die Kirkpatrick Bronze Zertifizierung auf Deutsch anbietet.
Was interessiert Sie als nächstes?
Das Kirkpatrick Modell
Auf vier Ebenen der Trainingsevaluierung bietet das Kirkpatrick Modell eine wirksame Methode um Trainings und Entwicklungsmaßnahmen nicht nur sinnvoll zu konzipieren, sondern vor allem tatsächlich zu messen. Ein Überblick.
Neue Welt der Trainingsevaluierung
„Kirkpatrick? Ja kenn ich“, hört man in der Trainingsszene oft. Aber nur die wenigsten wissen, dass das Modell komplett überarbeitet und um effektive Tools und Maßnahmen ergänzt wurde, um Trainings nicht nur wirksamer zu gestalten, sondern um mit ihnen aktiv und messbar zu Unternehmenszielen beizutragen. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick.
Die Sache mit dem Berg
Am Beginn jeder Entwicklungsmaßnahme steht meist ein Leidensdruck – Abteilung X arbeitet nicht effizient. Unser Team hat Schwierigkeiten in der Kundenbetreuung. – und bald schon kommt der Satz „Wir brauchen ein Training!“. Meist werden dann Dienstleister beauftragt, Themen abgestimmt und Termine mit allen Beteiligten festgelegt. Nur die wenigsten fragen aber: Ist es auch wirklich ein Training, das wir brauchen?
Sie möchten Ihre nächsten Trainingsresultate optimieren?
Unser gesamtes Consulting Team ist Kirkpatrick Bronze zertifiziert und freut sich auf den Austausch mit Ihnen.