Scrum ist die wohl älteste bekannte agile Methode und wurde bereits Mitte der 1980er von IT Unternehmen entwickelt. Mittlerweile hat die agile Methode aber auch in anderen Bereichen an Beliebtheit gewonnen und wird daher auch abseits der IT Branche erfolgreich eingesetzt. Wir haben Susanne Spath, Scrum zertifiziert und OKR Master, unter anderem gefragt, was die Methode genau kann, was sie von anderen unterscheidet und in welchen Unternehmen sie angewendet wird.

 

Was genau ist Scrum?

 

Susanne Spath: Henrik Kniberg, Agile & Lean Coach bei Crisp in Stockholm, beschreibt Scrum in wenigen Worten:

„Unterteile das Projekt/den Auftrag in kleine, konkrete Leistungen und priorisiere sie nach Business Values. Setzte jede Leistung in Bezug zur anderen und schätze sie ein.“

Bei Scrum geht es darum, die Zeit in sich wiederholende Schleifen einzuteilen, die nicht länger als 30 Tage dauern. Am Ende jeder Schleife müssen alle vorher definierten Leistungen geliefert und implementiert sein. Mit der steigenden Anzahl an Schleifen („Sprints“) wächst die Entwicklung und Funktionalität des Produkts. Im Gegensatz zu „command and control“ lautet der Leitsatz von Scrum deshalb „inspect and adapt“.

 

Inwiefern hängen Scrum Methoden und Agile Führung zusammen?

 

Scrum ist für viele die Mutter Agiler Führung und wurde vor ca. 20 Jahren für die IT-Branche entwickelt. Mittlerweile übernehmen weltweit immer mehr Unternehmen Strukturen und Führungswerkzeuge aus Scrum.

Mittlerweile bedienen sich jedoch – auch fernab der IT-Branche – viele Unternehmen der agilen Scrum Methode. Diese ist vielfältig einsetzbar und macht überall Sinn, wo Wissensarbeit und Entwicklung passieren und komplexe Aufgaben erfüllt werden müssen. Zum Beispiel bei der Produktentwicklung, im Marketing und beim Definieren von Strategien, sowie der Unternehmensmission-und Vision.

 

Gibt es bei der Anwendung der Scrum Methode auch Best Practice Beispiele, Unternehmen die erfolgreich damit arbeiten?

 

Ja. Viele große Unternehmen, wie zum Beispiel die A1 Telekom, T-Mobile, Siemens oder Audi AG arbeiten erfolgreich mit dieser agilen Methode.

 

Woher kommt aus deiner Sicht heutzutage der Need für die Anwendung agiler Methoden?

 

Wir leben in einer VUCA-Welt (Anm.: VUCA = Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) und daher in stetiger Veränderung. Dadurch kann ein heute definiertes Ziel in zwei Monaten obsolet sein, weil sich zum Beispiel der Markt, der Need des Kunden oder die Zielgruppe verändert hat. Bei agilen Methoden sind Stakeholder und (interne) Auftraggeber am Ende jeder Schleife im Rahmen des Review Meetings mit eingebunden. Ihnen wird der aktuelle Status präsentiert, welcher dann gegebenenfalls gemeinsam mit ihnen adaptiert wird, hin zu einem finalen, aktuell validen und bestmöglichen Ergebnis oder Produkt. Das findet sich übrigens auch in jeder anderen agilen Führungsmethode.

 

Kannst du uns ein Beispiel für eine praktische, und eventuell schnell umsetzbare Methode aus dem Scrum Setting nennen?

 

Wichtig sind auf jeden Fall agile Meetings mit einer „Flying Agenda“ und fixen Zeitrahmen, bei dem folgende Punkte abgeklärt werden:

Nach dem Check In aller anwesenden Personen müssen folgende Anliegen geklärt und folgende Fragen beantwortet werden: Welche Probleme und Fragen habe ich aktuell? Was brauche ich, um meinen Teil der Arbeit rechtzeitig liefern zu können?
Es muss entschieden werden, welches Teammitglied welche Aufgaben übernimmt. Dabei geht es nicht um richtig oder falsch. Man klärt ab wer welchen Beitrag zur Erfüllung des gemeinsamen Teilziels bis zum nächsten Review Meeting leisten kann.

Nachdem die oberen Punkte besprochen wurden, geht es weiter zum „Integrated decision making“. Teammitglieder treffen dabei die Entscheidungen über die Arbeitsverteilung und die Priorisierung der Aufgaben selbst. Die Führungskraft hat bei dem Meeting, genannt Daily Stand Up Meeting, unter anderem die Aufgabe, fehlende Informationen und Ressourcen bereit zu stellen.

Scrum Daily Stand Up Meeting

Daily stand-up meetings sind ein wesentlicher Teil von Scrum

Welche Rolle/Funktionen/Aufgaben hat eine Führungskraft, wenn nach Scrum Methoden gearbeitet wird?

 

Bei Scrum werden unterschiedliche Rollen definiert. Es gibt zum Beispiel den sogenannten Scrum Master, der als Coach agiert. Dieser hat unter anderem die Aufgabe zu schauen wie es den Teammitgliedern unter- und miteinander geht, sie zu motivieren, mit ihnen zu kommunizieren und Konfliktmanagement zu betreiben. Zudem muss er schauen, dass die Rahmenbedingungen passen und beim Prozess alles reibungslos funktioniert.

Eine weitere Rolle ist die des Product Owners. Dieser ist für den wirtschaftlichen Erfolg verantwortlich und gleichzeitig die Schnittstelle zwischen den Stakeholdern und Teammitgliedern. Er steht im ständigen Austausch mit den Stakeholdern, um deren Bedürfnisse und Wünsche zu erfragen und weiterzugeben.

Strikt gesehen werden diese Rollen von zwei verschiedenen Personen besetzt. In der Realität übernimmt jedoch oft eine Person die Aufgaben beider Rollen.

 

Eine Leitfrage aus Scrum lautet „Wie wenig muss ich liefern, um den Kunden glücklich zu machen?“ – Was steckt hinter dieser ungewöhnlichen Frage?

 

Agilität! Wenn das Team im Rahmen des Review Meetings schon alles zu Ende gedacht und womöglich entwickelt hat, nimmt es den Auftraggebern und Stakeholdern die Möglichkeit zu lenken und zu korrigieren. Schwachstellen werden vielleicht so nicht rechtzeitig erkannt. Und es wurden unnötig Ressourcen verbraucht.

 

Was fasziniert dich persönlich an Scrum? Warum bildest du dich in dem Bereich weiter?

 

Wie anfangs erwähnt, orientieren sich die meisten agilen Methoden an Scrum. So finde ich schnell Zugang zu anderen Agilen Leadership Modellen wie OKR oder auch Design Thinking. Es existiert Jahrzehnte lange Erfahrung und international gültige Standards über  Ausbildung und Lizenzen.

Interviewpartner

Unsere Interviewpartnerin ist Susanne Spath, die als internationale Führungskräfte- und Managementtrainerin bereits eine langjährige Zusammenarbeit mit MDI verbindet. Sie ist Scrum zertifiziert sowie zertifizierter OKR-Master und bietet Webinare und Workshops rund um Agile Leadership, Scrum und OKR an.

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