5 Maßnahmen für eine integrativere Unternehmenskultur
In diesem Interview befragen wir Desiree Jonek, Mitgründerin von WoMentor und die Autorin des brandneuen White-Papers „5 wirksame Maßnahmen, um den Wandel zu einer integrativen und leistungsfähigen Unternehmenskultur zu bewältigen“ 3 große Fragen über Diversity, Equity, und Inclusion.
Bitte erzähl uns, was Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration für dich bedeuten und warum du dich dazu entschieden hast, dieses Whitepaper zu veröffentlichen.
Vielfalt bedeutet, alle zur Party einzuladen, während Inklusion bedeutet, alle zum Tanzen aufzufordern. Vielfalt ist eine Tatsache in unserer Gesellschaft – aber es liegt an uns als Einzelpersonen, Führungskräfte und Arbeitgeber:innen, Inklusion zu verwirklichen.
Leider sehen wir in unserer Gesellschaft immer noch viel strukturelle Ungleichheit und Diskriminierung. Dazu gehören mangelnde Repräsentation von Frauen und Minderheiten in Führungs- und Fachpositionen, sowie ein vorherrschendes, geschlechtsspezifisches Lohngefälle von derzeit 36% in Österreich. Stereotype Rollenbilder für alle Geschlechter, unzureichende Kinderbetreuungsinfrastruktur, und zu wenig Akzeptanz für Väter, die in Elternzeit zu gehen – sind ebenfalls einige der aktuellen Herausforderungen.
Meine Kolleg:innen und ich werden nicht müde, auf diese gesellschaftlichen Probleme aufmerksam zu machen. Ich halte es jedoch für entschieden, dass wir unseren Handlungsspielraum und die Auswirkungen verstehen, die wir haben können, wenn wir gegen Ungleichheit vorgehen.
Ich bekomme zunehmend Anfragen von Unternehmensleiter:innen, die wissen wollen, was sie tun können, um die Vielfalt in ihrem Unternehmen zu verbessern. Und das stimmt mich optimistisch – denn wo der Wille ist, ist auch ein Weg.
Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, mein neuestes White Paper zu veröffentlichen – um Handlungsspielraum zu schaffen. Ich gebe konkrete Empfehlungen dafür, welche 5 Maßnahmen sich als wirksam erwiesen haben, um eine gesunde, leistungsfähige und integrative Unternehmenskultur zu schaffen.
Auch wenn mein Papier am Internationalen Frauentag veröffentlicht wird, geht es hier nicht nur um das Geschlecht. Die Einbeziehung aller Geschlechter in deinem Unternehmen ist nur eine von sechs Diversitätsdimensionen. Ziel ist es, eine wirklich integrative (Unternehmens-)Kultur zu schaffen, in der Menschen unterschiedlichen Alters, Geschlechts, ethnischer Zugehörigkeit, Rasse, sexueller Orientierung und auch Menschen mit Behinderungen gleichermaßen vertreten sind. Meine Aufgabe ist es, Unternehmensleiter:innen zu befähigen, diese Vision zu verwirklichen.
Was sind deiner Meinung nach die größten Herausforderungen bei der Schaffung eines vielfältigen Umfelds im Bereich Learning & Development? Und unterscheiden sich diese von den Herausforderungen, mit denen die Führungskräfte selbst konfrontiert sind?
Die Interviews, die wir vor allem mit Geschäftsführenden geführt haben, machten deutlich, dass die Schaffung einer integrativen Unternehmenskultur nur eine von vielen strategischen Prioritäten ist, mit denen die Führungskräfte derzeit jonglieren. Außerdem wissen viele einfach nicht, wo sie anfangen sollen, um eine integrative Kultur zu schaffen.
Für den Bereich Learning & Development gibt es meiner Meinung nach zwei wichtige Erkenntnisse: Erstens tragen Learning & Development zu einer gesünderen und leistungsfähigeren Unternehmenskultur bei, weil du in deine Talente investierst, indem du sie um- und weiterbildest.
Zweitens wird es sich sogar positiv auf die Eingliederung auswirken, wenn du deine Mitarbeiter:innen und Führungskräfte befähigst, in ihrem Denken und Handeln integrativer zu werden. Wir wissen seit langem, dass heterogene Teams homogenen Teams überlegen sind – aber nur, wenn sie gut geführt werden.
Und Führungskräfte können heterogene und vielfältige Teams nur dann gut führen, wenn sie verstehen, dass es einen Unterschied macht, wer in ihrem Team ist, dass ein Mensch mit Behinderung oder mit Migrationshintergrund eine andere Lebenswirklichkeit und andere Bedürfnisse hat als ein nichtbehinderter Einheimischer zum Beispiel.
Dies erfordert Fähigkeiten, die auch Führungskräfte erlernen müssen, um selbstbewusste und integrative Führungskräfte zu werden.
In deinem Whitepaper sprichst du über 5 wirksame Maßnahmen, um den Wandel zu einer integrativen und leistungsstarken Unternehmenskultur zu bewältigen. Kannst du uns mehr Details zu deinem Ansatz und einige praktische Umsetzungstipps geben?
Die Erkenntnisse in meinem White Paper stammen aus Interviews mit Personalleiter:innen und Geschäftsführer:innen aller Generationen – ich habe mit der Generation Z, der Generation X, der Generation Y und den Babyboomern gesprochen und mich dabei auf die neueste Literatur und Studien seriöser Quellen gestützt.
Es ist mir wichtig, praktische Empfehlungen zu geben, an denen sich Führungskräfte bzw. Personalabteilungen orientieren oder von denen sie sich inspirieren lassen können. Welches sind nun die fünf Maßnahmen, die einen Wandel hin zu einer gesünderen und integrativeren Unternehmenskultur ermöglichen?
Erstens: Der Grad der Flexibilität macht einen großen Unterschied. Es wird empfohlen, die Flexibilität zu erhöhen, wann und wie die Arbeit erledigt wird. Verschiedene Studien belegen die Effizienz, und es wirkt sich auch positiv auf die Inklusivität der Kultur aus – zum Beispiel, um Betreuungsarbeit für die Familie und berufliche Arbeit besser vereinbaren zu können.
Zweitens hat sich das Recruiting auf den Kopf gestellt: Da sich nicht mehr die Bewerber:innen, sondern die Unternehmen bewerben müssen, um Talente zu bekommen und zu halten, muss die Arbeitgeber:innenmarke stark sein und deinen USP repräsentieren, warum jede:r gerne bei dir im Unternehmen arbeiten möchte.
Drittens ist in Zeiten des Talente-Mangels und der jüngeren Generation, die eine vielfältige Führung als Hygienefaktor ansieht, eine integrative Unternehmenskultur, die von Maßnahmen für Vielfalt, Gleichberechtigung, Integration und Zugehörigkeit angetrieben und unterstützt wird, unerlässlich.
In diesem Kapitel findest du viele gute DEIB-Praktiken, von denen du dich inspirieren lassen kannst.
Viertens: Learning & Development ermöglichen es dir, deine Talente zu qualifizieren und auf die sich schnell ändernden technologischen Anforderungen vorzubereiten, aber auch motiviert und zufrieden zu sein, was sich positiv auf die Mitarbeiter:innenbindung auswirken kann.
Und schließlich sind Offenheit und Akzeptanz, Konfliktfähigkeit und die Fähigkeit, aus Misserfolgen und Fehlern zu lernen, nicht zu unterschätzende Zukunftskompetenzen, um auf diese Veränderungen zu reagieren. Wenn du einschätzen möchtest, wo dein Unternehmen steht, gibt es eine Checkliste zur Unternehmenskultur, mit der du einen ersten Eindruck vom Status quo deines Unternehmens gewinnen kannst.
Desiree Jonek
Trainer for Diversity, Equity & Inclusion and the co-founder of WoMentor
Desiree Jonek-Lustyk begleitet Organisationen strategisch bei der Gestaltung und effektiven Umsetzung einer inklusiven Organisationskultur. Seit 2019 führt sie das Mentoring Programm WoMentor und baute eine Community von über 1.200 Mitgliedern auf.
Als TEDx-Speakerin hält sie Keynotes, wie man faire Teilhabe erreicht und auf den Wandel in der Arbeitswelt reagiert. Als Vertreterin der Generation Y ist es ihre Leidenschaft, eine Brücke zwischen der Generation X und Z zu schlagen.